Existenzgründung als Schmuckdesignerin
„Meine Kundinnen empfehlen mich weiter“
Christina Davids hat sich als Schmuckdesignerin selbstständig gemacht. Sie verkauft hochwertige Lederarmbänder auf Schmuckparties, über Partnergeschäfte und einen Online-Shop.
Während der Gründungsphase wurde sie von KMU-Berater Jérôme Philippe Schnitzler unterstützt. Im Doppel-Interview erzählen die Gründerin und der Berater, wie sie das Geschäft aufgebaut haben.
Frau Davids, wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich vor zwei Jahren als Schmuckdesignerin selbstständig gemacht haben?
Davids: Ich habe vorher in einer ganz anderen Branche gearbeitet. Ich war 15 Jahre als Mediaberaterin eines Verlags im Außendienst tätig. Nach der Geburt meines Sohns und der anschließenden Elternzeit gab es keine Möglichkeit, den Job in Teilzeit weiterzumachen. Also habe ich mich gemeinsam mit meinem Mann umgesehen. Da ich mich schon immer für Mode interessiert habe, kam die Idee im Bereich Accessoires eine eigene Firma zu gründen.
Sie haben sich von Anfang an auf ein bestimmtes Accessoire konzentriert: Hochwertige Lederarmbänder mit Edelstahl-Verschluss. Warum dieser Fokus auf ein Produkt?
Davids: Die Idee mit den Lederarmbändern stand von Anfang an fest. Anschließend habe ich lange recherchiert, die unterschiedlichen Lederanbieter und Verschlussmöglichkeiten getestet. Ich wollte ein wirklich hochwertiges Produkt herstellen und anbieten. Dafür bin ich in Vorleistung gegangen. Die Edelstahl-Verschlüsse musste ich zum Beispiel in einer größeren Menge abnehmen. Aber das war mir egal, weil die Qualität an erster Stelle steht. Edelstahl-Verschlüsse laufen nicht an, sind hautverträglich und für Allergiker geeignet.
Herr Schnitzler, macht es Sinn, wenn sich Existenzgründer im Rahmen der Arbeit am Businessplan auf ein spezifisches Produkt konzentrieren?
Schnitzler: Eine Spezialisierung birgt immer die Gefahr der Abhängigkeit. Wenn das eine Produkt nicht mehr gefragt ist, läuft sofort gar nichts mehr. Aber die Spezialisierung bietet eben auch Vorteile. Frau Davids bietet ein einzelnes Produkt in sehr vielen Variationen an. Es kostet deutlich weniger, nur ein Produkt zu entwickeln und zu vermarkten als wenn man eine breite Produktpallette anbieten will. Auch bei den Kunden bleibt man als Nischenanbieter viel besser in Erinnerung. Der Kunde schätzt einen für seine Expertise auf diesem speziellen Gebiet und kann auch leichter Empfehlungen aussprechen, da er ganz genau weiß, wofür man steht.
Davids: Die Erfahrung habe ich bereits gemacht. Meine Kundinnen werden auf ihre Lederarmbänder angesprochen und empfehlen mich weiter. Viele schauen regelmäßig vorbei, ob bei einer neuen Kollektion wieder etwas für sie dabei ist. Ich baue mir gerade einen treuen Kundinnen-Stamm auf.
Sie haben kein eigenes Ladenlokal. Das würde sich nur für Lederarmbänder auch kaum lohnen. Wie haben Sie den Vertrieb aufgebaut?
Davids: Da hat mir meine langjährige Vertriebserfahrung geholfen. Ich habe mir von Anfang an über den Vertrieb Gedanken gemacht. Aktuell arbeite ich mit fünf Partnergeschäften zusammen, die meine Kollektionen anbieten. Dazu kommen etwa einmal im Monat eine Schmuckparty und der Online-Shop, der zu jeder Tag- und Nachtzeit genutzt werden kann.
Wie haben Sie die Partnergeschäfte gefunden?
Davids: Ich gehe regelmäßig durch die Städte und halte gezielt nach Geschäften Ausschau, die zu meinen Kollektionen passen. Da ich nur hochwertige Armbänder und Schmuck im mittleren Preissegment anbiete, also zwischen 39 Euro und 79 Euro, müssen Stil, Ambiente sowie das Kundenklientel passen. Außerdem habe ich zu Hause einen Showroom eingerichtet. Nach einer persönlichen Terminabsprache können meine Kundinnen dann in Ruhe die Kollektionen anschauen und einkaufen.
Wie wichtig ist der Online-Shop, Herr Schnitzler?
Schnitzler: Wir haben uns in der Planung dazu entschieden, auch einen Online-Shop aufzubauen. Es ist eine vertriebsunterstützende Maßnahme. Manche Kundinnen kaufen nicht sofort auf einer Schmuckparty ein, sondern wollen es sich noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Das ist ja auch völlig normal. Durch den Online-Shop haben sie die Möglichkeit, anschließend bequem vom Sofa aus das Produkt zu kaufen. Auch Folgegeschäfte sind für beide Seiten einfacher. Weil die Kundinnen das Produkt und die Qualität kennen und schätzen, können sie über den Online-Shop einfach und schnell bestellen. Er dient daher primär der Kundenbindung, denn der Neukundenakquise.
Viele Online-Shops klagen über eine hohe Retouren-Quote. Wie sieht es bei Ihnen aus?
Davids: Ich habe bisher ein einziges Lederarmband zurückgeschickt bekommen. Meine Kundinnen wissen, was sie dort einkaufen. Gerade beim Online-Shop hat mir Herr Schnitzler sehr geholfen.
Schnitzler: Wir haben etwas Arbeitszeit in den Shop gesteckt. Die Armbänder sind in hoher Fotoqualität zu sehen. Dazu gibt es eine einfache Anleitung, wie man die Größe seines Handgelenks misst. Das sind zwei von vielen Maßnahmen, durch die man das Risiko reduziert, dass etwas Falsches bestellt wird.
Normalerweise braucht man bei einer Gründung bekanntlich drei Jahre, bis das Geschäft richtig läuft. Wie zufrieden sind Sie bisher?
Davids: Ich bin sehr zufrieden. Mein Geschäft wächst Stück für Stück und ich freue mich über jede neue Bestellung. Ich hätte nie gedacht, dass mir das freie Unternehmertum so einen Spaß bereitet. Mir persönlich tut es gut, etwas Eigenes zu machen. Aber ich habe auch das Glück, von meinem Mann dabei unterstützt zu werden. Er hat mir von Anfang an den Rücken gestärkt. Wir sind von meinen Einnahmen nicht abhängig. Insofern habe ich keinen existenziellen Druck, sondern kann in Ruhe mein Geschäft ausbauen.
Vielen Dank für das Interview!
Zu den Personen
Zum Online-Shop von Christina Davids: Engel & Heldin aus Mönchengladbach/NRW. Auf dem neuesten Stand bleibt man auch, wenn man ihre Facebook-Seite besucht. Dort veröffentlicht sie neue Kollektionen.
Jérôme Philippe Schnitzler ist KMU-Berater mit Fokus auf Existenzgründungen, Krisen- und Sanierungsberatungen sowie Unternehmensnachfolgen. Zuvor hat er als Programmierer und Webentwickler in Agenturen gearbeitet. Er bietet Existenzgründern staatlich geförderte Beratungen an, um wie er selbst sagt: „Lebensträume zu verwirklichen.“
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