„Es ist nicht normal, zu wissen, was wir wollen. Das ist eine seltene und anspruchsvolle psychologische Leistung.“ Abraham Maslow
Wer sich mit Existenzgründern unterhält, stößt immer wieder auf einen bekannten Reflex: Die Gründer rennen kopfüber in die Selbstständigkeit, häufig mit einer guten Idee, aber mit einem unausgereiften Konzept. RUMMS – auf einmal ist man selbstständig und fängt an zu strampeln.
Andere sind noch an ihr altes Berufsleben gefesselt. Der Chef übt ständig Druck aus, der Firma geht es schlecht. Und sie grübeln: Wäre die Selbstständigkeit nicht etwas für mich? Aber wie soll ich starten?
Für beide könnte es sich lohnen folgendes Buch zu lesen: „Business Model You – Dein Leben, Dein Spiel, Deine Karriere“. Der Ansatz des sehr anschaulichen und verständlich geschriebenen Buchs: Jedes Unternehmen hat ein Geschäftsmodell, mit dem es sein Geld verdient (engl. Business Model). Also braucht auch jeder Angestellte und Selbstständige sein persönliches Geschäftsmodell. Und das beruht auf mehr als einfach nur seine Arbeit zu erledigen und dafür Geld zu bekommen.
Wie baue ich mir mein Berufsleben systematisch so auf, dass ich wirtschaftlich erfolgreich, geistig unabhängig und privat glücklich bin? Diese Frage klingt so unverschämt, dass sich viele nicht trauen sie zu stellen. Aber genau darum geht es den Autoren: Sie entwickeln in ihrem Buch ein ganz eigenes System. Insgesamt beruht das System auf neun Bausteinen, von „Schlüsselaktivitäten“ über „Wertangebote“ bis zum „Kunden“. Damit es nicht zu abstrakt wird, erklären die Autoren jeden Baustein anhand von Menschen, ihren Karrieren und beruflichen Entwicklungen.
Es macht keinen Sinn alle Bausteine hier zu erklären. Drei Punkte, die mir persönlich gefallen haben:
- Selbstständigkeit ist mehr als ein Beruf: „Traumjobs werden häufiger geschaffen als gefunden“, schreiben die Autoren. Man sollte sich zuerst fragen, was man selbst möchte – und danach einen passenden Job erschaffen. Ein Beispiel: Eine Fotografin wurde arbeitslos. Um sich abzulenken, ging sie ihrer Leidenschaft nach: Sie joggte jeden Tag. Ein Nachbar fragte sie, ob sie nicht seinen Hund zum Joggen mitnehmen könnte. So bekam der Hund Auslauf. Schnell merkte die Fotografin, dass ihr Nachbar und andere Hundebesitzer bereit sind, dafür zu zahlen, wenn jemand mit ihrem Hund ausgiebig laufen geht. Heute ist sie professionelle Hundeausführerin mit mehreren Angestellten.
- Der Unterschied zwischen Tätigkeiten und einem Wertangebot: Eine Tätigkeit und ein Wert sind zwei verschiedene Dinge. Ein Beispiel aus dem Buch: Eine Lektorin korrigiert akademische Texte von Professoren. Ihr Stundensatz ist schlecht und sie leidet darunter. Also macht sie sich Gedanken über den Wert ihrer Arbeit: Durch ihre Arbeit hilft sie Professoren, dass die Texte in bekannten Magazinen veröffentlicht werden! Das Korrigieren ist die Tätigkeit. Die Veröffentlichung in Fachzeitschriften ist der Wert. Also ändert die Lektorin ihre Strategie: Sie bietet nicht mehr Korrigierdienste an, sondern Marketing für Professoren! Ein Dienst, für den sie einen deutlich höheren Stundensatz nehmen kann.
- Erweiterter Begriff Kosten und Umsatz/Nutzen: Während in Unternehmen Kosten und Umsatz bloß aus Zahlen bestehen, bedeuten diese zwei Werte für das persönliche Geschäftsmodell deutlich mehr. Kosten ist, was man gibt. Und Umsatz, was man bekommt. Ein konkretes Beispiel: Wer viel verdient, aber kein Privatleben mehr hat, der gibt sehr viel. All die Dinge, auf die man verzichtet, muss man auf der Kosten-Seite verbuchen. So rutscht man schnell ins Minus – und versteht auf einmal, warum man unglücklich ist, obwohl sich Geld auf dem Konto anhäuft. Wer umgekehrt wenig verdient, aber mit seiner Arbeit glücklich ist, hat einen höheren Nutzen. Denn die Lebensqualität ist entscheidend! Das beste Geschäftsmodell ist natürlich: Viel verdienen und wenig verzichten 😉
Zum Abschluss: Was mir besonders gefällt, ist die sehr lockere, offene Darstellung des Buchs „Business Model You – Dein Leben, Dein Spiel, Deine Karriere“. Es gibt viele Grafiken und Freiraum. Es ist keine wissenschaftliche Abhandlung, sondern dafür geschrieben, dass man es auch anwendet. Kurzum: Eine lohnende Lektüre!
Eine Rezension von Benjamin O’Daniel für Existenzgründer-Jungunternehmer.de.
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