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Nachfolge in Familienunternehmen: Das Problem „Senior-Chef und Junior-Chef“

Dr. Klaus-Heiner Röhl ist Senior Economist im Hauptstadtbüro des Instituts der deutschen Wirtschaft. Er forscht zum Strukturwandel in Deutschland. Unsere Autorin Daniela Lukaßen sprach mit ihm über die Probleme und Herausforderungen bei familieninternen Unternehmensnachfolgen.

Eine Nachfolge in einem Familienunternehmen ist immer ein kompliziertes Unterfangen. Wie lässt sich die Übernahme durch die nächste Generation für alle Beteiligten zufriedenstellend umsetzen?

Da gibt es natürlich ganz viele Aspekte. Ich beginne erst einmal mit den Punkten Kommunikation und Offenheit. Offenheit ist ganz entscheidend, damit klar ist, dass die Übergeber und die Generation, die übernimmt, die gleichen Ziele und Vorstellungen haben. Es kann ja sein, dass der Übergeber bestimmte Erwartungen an den Nachfolger hat.

Oder der Nachfolger hat bestimmte Erwartungen an den Senior. Eventuell stimmen diese aber gar nicht mit den Sichtweisen des jeweils anderen überein. Genau aus diesem Grund ist es wichtig, dass beide Parteien offen über alles sprechen und dass alle Beteiligten ihre Wünsche und Vorstellungen im Rahmen der Übergabe einbringen.

Wie sollten die Nachfolger aus Ihrer Sicht vorgehen?

Da sind wir wieder genau bei den Punkten Offenheit und Kommunikation. Das ist natürlich einfacher gesagt als umgesetzt. Aber wenn man sich zum Beispiel nicht traut, bestimmte Punkte anzusprechen, ist das schon Potenzial für Enttäuschungen.

Dann laufen die Dinge am Ende vielleicht ganz anders, als es sich der Übergebende vorgestellt hat. Es ist also ein schwieriges Thema, obwohl es ganz einfach klingt: Offenheit, Transparenz, offene Kommunikation und eine umfassende Planung.

Welchen Tipp würden Sie einem Nachfolger mitgeben, damit er von den Mitarbeitenden auch als neuer Vorgesetzter akzeptiert wird?

Das ist ein Aspekt, an dem es häufig hakt. Gerade dann, wenn die Übernahme stattfindet und der Senior-Chef trotzdem noch regelmäßig im Unternehmen unterwegs ist. Die Mitarbeiter sind ihn einfach über Jahrzehnte als Chef gewohnt. Sie blicken auf den Senior-Chef und der Junior-Chef bleibt der Junior, obwohl die Übergabe theoretisch stattgefunden hat. Das ist tatsächlich ein schwerwiegendes Problem.

Denn die Mitarbeiter haben dann quasi zwei Chefs. Diese geben darüber hinaus vielleicht auch noch gegensätzliche Anweisungen. Häufig ist es in dem Fall so, dass die Anweisungen des Seniors dann eher befolgt werden als die des Juniors.

In jedem Fall ist es darum notwendig, ganz klare Regelungen zu treffen. Das bedeutet zum Beispiel: Wenn der Senior übergibt, dann ist er draußen. Er steht dann nur noch beratend zur Verfügung, wenn das tatsächlich gewünscht ist. Aber er bringt sich nicht ungefragt selbst ein, fährt weiterhin täglich ins Unternehmen und schaut dort nach dem Rechten. So etwas kann nicht gut gehen.

Welche rechtlichen Aspekte sind zu beachten?

Ganz entscheidend ist das Erbschaftssteuerrecht. Aktuell steht das Urteil zur Erbschaftssteuer bezüglich der steuerlichen Begünstigung von Unternehmensübergaben bei Fortführung und Erhaltung der Arbeitsplätze an. Das sind Fragen, die bei einer Übergabe immer im Zentrum stehen. Im Augenblick besteht noch die Möglichkeit, fast steuerfrei an die Nachfolger zu übergeben. Ob das so bleibt oder sich ändert, ist nicht ganz klar. Einige Übergaben wurden deshalb auch schon vorgezogen.

Welche Fehler werden häufig gemacht und wie kann man sie verhindern?

Der häufigste Fehler ist, dass die Übergabe viel zu lange hinausgezögert wird. Etwa, weil der Seniorchef meint, er würde ewig leben, nicht übergeben möchte oder so einen Spaß an seiner Arbeit hat, dass er sich zunächst nichts anderes vorstellen kann.

Gibt es denn einen perfekten Zeitpunkt für eine Übernahme durch die Nachfolger? Und wie lange im Voraus sollte die Nachfolge aus Ihrer Sicht vorbereitet werden?

Das ist sehr schwer zu sagen, da jeder Fall anders gelagert ist, kann man kaum den perfekten Zeitpunkt definieren. Eine Übernahme sollte auf jeden Fall frühzeitig geplant werden. Die Vorbereitungen können und sollten sich ohne Weiteres vier oder fünf Jahre hinziehen.

Vielen Dank für das Interview!

Foto: K-H. Röhl/IW Köln

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